Der Wahlkampf und das liebe Geld

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Das „Meccano“ ist stets derselbe: Nennen Parteipräsidenten einmal konkrete Zahlen, sind Gegner und Medien elektrisiert. Das war auch die letzten zwei Tage so. Kaum hatten Christophe Darbellay (cvp) und Fulvio Pelli (fdp) verkündet, welche Summen ihre Parteien im Wahljahr 2011 einsetzen wollen, wurde die Geschichte weiterentwickelt.

Ich durfte in der „Tagesschau“ ein paar Sätze dazu beisteuern:

Das werde der teuerste Wahlkampf aller Zeiten, lautet die Schlagzeile. Tatsache ist, dass dieselbe Aussage alle vier Jahre aufs neue gemacht wird. Genaue Zahlen gibt es allerdings nicht. Die Intransparenz ist gross, die Lust, das Thema einmal in seiner ganzen Tiefe auszuloten – journalistisch oder politikwissenschaftlich -, scheint nicht vorhanden zu sein. Der einzige Versuch, dem Geld im Wahlkampf auf die Spur zu kommen, datiert meines Wissens aus dem Jahr 1987. Damals untersuchte eine Lizenziatsarbeit, ob man mit Geld einen Sitz kaufen könne.

Ich beschränke mich in diesem Posting auf drei Punkte:

– Erstens: Darbellay und Pelli machten, so wie ich sie verstanden habe, erst eine Ansage. Ob ihre Parteien tatsächlich 3 Millionen (cvp) oder 2,6 Millionen (fdp) zusammenbringen, ist offen.

– Zweitens: Die Medienberichterstattung konzentrierte sich bislang auf die nationalen Parteien. In der Schweiz sind die Parteien aber föderalistisch strukturiert. Vereinzelte Kantonalsektionen haben ansehnliche Budgets, d.h. zwischen 400’000 und ca. 1,2 Millionen Franken zur Verfügung, allen voran diejenigen des Kantons Zürich. Zudem bleibt im dunkeln, was Verbände, NGO, Firmen und Privatpersonen spenden.

– Drittens: Wahlkampfbudgets müssten in eine Relation gestellt werden. Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse hatte für die Bekämpfung der Steuergerechtigkeitsinitiative der SP 5 Millionen Franken zur Verfügung. Diese Zahl ist wasserdicht. Dank diesem Budget konnte economiesuisse während zweier Monate eine kompakte und gut sichtbare Kampagne führen. Sie war für Schweizer Verhältnisse massiv.

Nehmen wir zum Vergleich das erhoffte Budget von 3 Millionen Franken Darbellays: Wenn die CVP diese Summe auf Aktivitäten und Werbung bis zum 23. Oktober verteilen sollte, bleiben pro Monat im Durchschnitt gerade einmal 300’000 Franken übrig. Das ist bescheiden und etwa achtmal weniger als economiesuisse pro Monat zur Verfügung hatte.

Ein Nachsatz darf nicht fehlen: Die Grünen waren 2003 und 2007 Wahlsieger – ex aequo mit der SVP. Sie legten um 2,4 bzw. 2,2 Prozentpunkte zu. Ihr Budget betrug jeweils unter 50’000 Franken. „It’s money that matters“ – Randy Newmans Klassiker gilt nicht für Schweizer Parteien, ihre Präsidenten wissen das insgeheim auch.

Nachtrag: Laut „Tagesschau“ haben die SP nächstes Jahr 1,5 Millionen und die Grünen 200’000 Franken zur Verfügung. Es handelt sich dabei um die Budgets der nationalen Parteien. Die SVP machte keine Angaben.

14 Comments on “Der Wahlkampf und das liebe Geld”

  1. Mark Balsiger

    Relevantes Detail zum Thema: Was tun die Grossbanken?

    Aus dem heutigen „Bund“:

    UBS hat Parteien auch 2010 kein Geld gespendet

    Die UBS hat den Schweizer Parteien auch dieses Jahr keine Spendengelder überwiesen, wie ein Sprecher auf Anfrage des «Bund» erklärt. Grundsätzlich sei die Bank zwar bereit, Parteien zu unterstützen, die sich für ein wirtschaftsfreundliches Umfeld einsetzten. Dennoch ist unklar, ob die UBS im kommenden Jahr wie früher üblich wieder Spenden entrichten will. Im Frühling 2009 stellte sie sämtliche Zahlungen an Parteien ein, da sie vom Bund ein Rettungspaket in Milliardenhöhe erhalten hatte. Nicht weiterverfolgen will die UBS ein neues Spendenmodell, das sie kurz nach der Krise in Erwägung gezogen hat. Demnach hätte die Bank ihre Mitarbeiter ermuntert, ihre Lieblingspartei finanziell zu unterstützen, und den gespendeten Betrag aus der Firmenkasse verdoppelt.(dav)

  2. claude longchamp

    Die FDP befürwortet seit neuestem klammheimlich Parteienfinanzierungen. Darüber könntest du auch mal schreiben.

    Übrigens, Geld ist meiner Meinung nach nützlich, nicht lieb. Herzlich, dein Kollege von nebenan!

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  4. JC

    Zum Thema Partei- und Wahlkampffinanzierung gibt’s doch noch die Dissertation „Vom Geld der Parteien. Parteienfinanzierung im eidgenössischen Parlament 1964-2005“ von Hilmar Gernet aus dem Jahr 2008.

    Hier geht’s zur elektr. Diss. an der Uni Freiburg: http://ethesis.unifr.ch/theses/GernetH.pdf?file=GernetH.pdf

    Ausserdem erscheint von ihm im April 2011 im Verlag Neue Zürcher Zeitung das Buch „(Un-)heimliches Geld. Parteienfinanzierung in der Schweiz“.

    Habe die Diss. bis jetzt nicht gelesen. Schuld ist Tom Rachman.

  5. Mark Balsiger

    @ JC

    Die Diss des ehemaligen CVP-Generalsekretärs Hilmar Gernet ist schon seit Monaten auf meiner Festplatte gespeichert. Davon gelesen habe ich bislang nur wenig.

    Schade ist, dass seine Untersuchung nur bis ins Jahr 2005 geht. Aber womöglich ist das kommende Buch von ihm aktualisiert.

    @ Claude Longchamp

    Danke, kommt auf die Liste, die immer länger wird. So many topics so little time.

  6. Alex Schneider

    Nationalratswahlen 2011: Wahlkampfbudgets der Parteien werden aufgestockt: 51.7% Nicht-Wählende (Nationalratswahlen 2007) liegen brach!

    Die Aufstockung der Wahlkampfbudgets der Parteien für die Nationalratswahlen 2011 macht Sinn. Es geht dabei vor allem darum, die chronischen Nicht-Wählenden für sich zu gewinnen. 2007 hat es die SVP mit ihrer flächendeckenden Plakatierung von Christoph Blocher geschafft, dem trägeren Teil des Stimmvolkes plausibel zu machen, dass politische Wahlen wichtig sind.

    Der Anteil der SVP-Wählenden stieg von 1995-2007 von 14.9% auf 28.9%; gleichzeitig stieg in diesem Zeitraum die Wahlbeteiligung von 42.2% auf 48.3%. Die Korrelation ist wohl nicht zufällig; sie ist zu einem grossen Teil auf das forsche Auftreten der SVP zurückzuführen. Um die Nicht-Wählenden zu aktivieren, gibt es möglicherweise originellere Wahlkampfmethoden als diejenigen der SVP, die nicht so teuer aber ebenso wirksam sind. Lassen wir uns überraschen!

  7. Titus

    Zum zweiten Punkt oben, den Nicht-Parteien-Ausgaben:

    Gemäss Studie „selects 2007“ von Georg Lutz haben die Kandidaten selber im letzten Wahlkampf CHF 25 Mio. aufgewendet, wobei diese Angabe eher zu tief liegt (sie beruht auf der Selbstdeklaration der Kandidierenden, welche zu Untertreibungen neigen).

    Dazu ein kleiner Auszug: „Auch hier ist der Schwankungsbereich erheblich, bürgerliche Kandidierende geben im Schnitt um die 15’000 Fr. aus, SP-Kandidierende 6’800 Fr. und Kandierende der Grünen 3’100 Fr.“

    Was ich nicht sagen kann, ist, ob in diesen Ausgaben der „Kauf eines Listenplatzes“, wie dies kürzlich betreffend FDP des Kantons Zürich ein Thema war, miteingerechnet ist (ich glaube die Rede war da von CHF 40’000.- für einen Platz ganz oben).

  8. Harald Jenk

    Die Zahlen von Georg Lutz für die individuellen Wahlkampfbudgets scheinen mir zumindest für den Kanton Bern sehr hoch zu sein. Vielleicht stimmen diese Werte für kleine Kantone mit wenigen Listenplätzen. Im Kanton Bern kandidieren ja viele nur um die Liste mit ihren Namen zu unterstützen und machen keinen besonders aktiven Wahlkampf.

  9. Raffnix

    ein gutes Produkt verkauft sich, einmal bekannt gemacht, von selbst …

    Wettrüsten der anderen Art, könnte man das auch nennen, die Verwüstung ist sichtbar….

    Die gewinner sind die Werber und Journis, die ihre Blättchen füllen können.

    Die Verlierer sind jene, die zahlen und nie Lösungen sehen werden …

  10. Mark Balsiger

    @ Titus

    Es gibt nur ein korrektes Budget, und das beinhaltet auch den Preis, den ein arrivierter Kandidat für seinen Listenplatz bezahlen muss. Bei der FDP Zürich steht auf dem Preisschild der ersten vier Listenplätze in der Tat je 40’000 Franken.

    @ Harald Jenk

    Ich machte ja nach den Nationalratswahlen 2003 eine Vollbefragung, an der sich mehr als 1400 Kandidierende beteiligten. Quintessenz in Sachen Budgets: Die Hälfte aller Kandidaten gibt weniger als 500 Franken aus.

    Das kritisiere ich nicht, gerade weil viele Studierende und Lernende darunter sind, die ja kaum Geld zur Verfügung haben. Problematisch finde ich hingegen, wie viele Kandidierende mit einem sehr bescheidenen Engagement mittun. Sie werden hoffentlich nicht zu dieser Kategorie gehören.

  11. seb

    Ich wünschte mir, dass alle grossen Parteien nur im Geringsten so transparent wären wie wir, die Piratenpartei Schweiz. So veröffentlichen wir alle Spenden von natürlichen Personen, welche 500 CHF pro Kalenderjahr überschreiten, und alle von juristischen Personen im Internet. (Siehe unsere Statuten http://wiki.piratenpartei.ch/wiki/Statuten#Kapitel_5:_Finanzen)

    Aber wir machen auch transparent wie wir unsere Wahlkampfgelder ausgeben. Hier am Beispiel der Grossratswahlen Bern 2010:
    http://wiki.piratenpartei.ch/w/images/4/47/Budget_2010_Grossratswahlen_bern.pdf

    Selbstverständlich werden wir auch wieder unsere Zahlen für die Kantonsratswahlen Zürich wie auch die Nationalratswahlen 2011 offen legen. Versprochen.

    Ja zu mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung, Piratenpartei!

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