Im Kielwasser der Abzocker-Initiative segelt die Abstimmung über das revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) in Richtung 3. März. Seit ein paar Tagen laufen die Kampagnen, was eine kurze Einschätzung ermöglicht.
Werbung kann vor allem dann eine Wirkung erzielen, wenn sie massiert sichtbar ist, das stärkste Argument verdichtet oder mit einer Provokation verknüpft.
Die Gegner des RPG setzen auf Provokation mit dem Vorschlaghammer. Das kann bei etlichen Betrachterinnen und Betrachtern Schauder auslösen. Die hässlichen Hochhäuser hinter dem Bundeshaus erinnern an Plattenbauten in Krakau oder Bratislava.
Die Kombination von gelber Farbe auf schwarzem Hintergrund knallt. Kreative, die ich befragte, bezeichnen das Sujet allerdings als „hässlich“, auch handwerklich überzeuge es nicht.
Meine Kritik zielt in eine andere Richtung: Stimmt die Aussage? Wären die Mieten in solchen Hochhäusern tatsächlich Horror? Zurzeit sicher nicht, das Gegenteil trifft zu: Wer in solchen Wohnungen lebt – oder leben muss -, zahlt tiefe Mieten. Der Transfer von „tief“ zu „Horror-Mieten“ funktioniert nicht. Deshalb dürfte dieses Sujet seine Wirkung weitgehend verfehlen.
Clever finde ich, dass das gegnerische Komitee insgesamt elf verschiedene Sujets produziert hat. Sie zeigen die zubetonierte Wohnsituation in elf verschiedenen Städten oder Gegenden, von Appenzell über Morcote (TI) bis Zürich. Diese Regionalisierung führt eher zu Betroffenheit als bloss ein Sujet, das in der ganzen Schweiz verwendet wird.
Das Ja-Sujet präsentiert sich mit einer überlegten Aufteilung des Raums, die beiden Kernbotschaften stimmen. Gut ist, dass sowohl die URL wie der Kringelcode (auch QR-Code genannt) aufscheinen. Ein geschickter Zug ist die Verwendung des Schweizerkreuzes. Insgeheim dürfte das die Gegner ärgern.
Auf Plakaten erzeugt dieses Sujet aber keine Wirkung, weil es übersehen wird. Der weisse Hintergrund ist ein „No-go“. In den Inseraten werden die Köpfe einzelner Befürworterinnen und Befürworter dazugestellt. Das sieht ganz passabel aus. Dank der Prominenz und der Glaubwürdigkeit der Protagonisten kann bei dieser Vorlage etwas erreicht werden – ein Klassiker in der Politwerbung.
Die Kampagnen im Netz:
– rpg-revision-nein.ch
– ja-zum-raumplanungsgesetz.ch
Die beiden Facebook-Pages dümpeln noch in der Bedeutungslosigkeit vor sich hin: Die Gegner bringen es derzeit auf 64 „Likes“ (Stand 15. Januar), die Befürworter auf 89.
One Comment on “Wenn Politwerbung Schauder auslöst”
Stimmt die Aussage der steigenden Mieten etwa nicht? Wo sind denn die Mieten der ausgeschriebenen(!) Wohnungen tiefer, in einem Mehrfamilienhaus auf dem Land/in der Agglomeration oder in Hochhäusern in den Grossstädten? Wie wird der Wohnungsmarkt 2022 aussehen, wenn in ländlicheren Gebieten Bauprojekte kaum noch realisiert werden können und sich der Wohnungsbau praktisch auf die teuren Zentren beschränkt, wo sich nun auch noch vermehrt vom Land weggezogene Familien mit finanzkräftigen Expats um die Wohnungen steitet. Werden die Mieten steigen oder sinken?