SVP emanzipiert sich weiter von Christoph Blocher, hält sich aber alle Optionen offen

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Geschlagene vier Stunden diskutierte die SVP-Fraktion. Ihr Entscheid fiel knapp, was sonst in dieser Partei nur sehr, sehr selten vorkommt. Entgegen allen Erwartungen wurde nicht Christoph Blocher als möglicher Nachfolger von Bundesrat Samuel Schmid nominiert, sondern – niemand. Noch niemand.

Das Ergebnis von 29 zu 27 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) kann als weiterer Emanzipierungsschritt der Partei von ihrer Überfigur interpretiert werden. Zuerst ist das eine Niederlage für die Parteileitung unter Präsident Toni Brunner. Sie wollte Christoph Blocher als Kandidat durchdrücken.

Viele Medienschaffende werden jetzt von einem Druchbruch der gemässigten Kräfte gegen die verhassten „Blocherianer“ sprechen. Ich halte das für verfrüht. Mit ihrem Entscheid hält sich die SVP-Fraktion alle Optionen offen, und das ist nicht dumm. Es ist gut möglich, dass sie dereinst doch Blocher als Nachfolger von Samuel Schmid auf den Schild heben wird. Im Wissen darum, dass er chancenlos ist.

Einmal mehr zeigt sich, dass man das Fell des Bären nicht aufteilen kann, solange er noch am Leben ist. Der Bär heisst Schmid, und Schmid bleibt vielleicht noch länger als viele Auguren glauben.

Für die SVP ist Schmid – und die Armeekrise – ein Glücksfall. Sie profitiert, solange sie Spitzen gegen ihn abfeuern und gleichzeitig immer wieder darauf hinweisen kann, dass sie Anspruch auf zwei Sitze im Bundesrat habe.

Aus dieser Perspektive ist das Tamtam um die heutige (Nicht-)Nominierung von Christoph Blocher verlogen. Seine Kandidatur wäre chancenlos.

Foto Peter Spuhler, Christoph Blocher und Bruno Zuppiger: keystone

2 Comments on “SVP emanzipiert sich weiter von Christoph Blocher, hält sich aber alle Optionen offen”

  1. rittiner & gomez

    das mit der emanzipation wird noch eine weile brauchen.

    auch interessant, dass die svp das vbs mit christoph blocher wieder auf vordermann bringen will. dazu passt die aussage von caspar bader in der arena. keine andere partei stelle soviele kader in der armee wie die svp. da muss ja niemand überrascht sein, wenn es nicht zum besten steht.

  2. Titus Sprenger

    Derweil beschäftigte sich die SP-Fraktion heute mit den Strompreiserhöhungen. Auch FDP-Mann und Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer diskutierte heute an einem runden Tisch zum gleichen Thema.

    Gut zu wissen, dass wenigstens Mitglieder anderer Parteien sich in diesem Land noch um Sachen und nicht nur um Personen beschäftigen…

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