Druckversuch mit einer Inseratekampagne

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Eine statt zwei Wochen Skiurlaub, der geplante Kauf eines Neuwagen wird nochmals aufgeschoben, im Ausgang sitzt der Geldbeutel weniger locker als in wirtschaftlich guten Zeiten. Kurz: Der private Konsum in der Schweiz dümpelt weiter vor sich hin. Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen und der Angst vor einem Arbeitsplatzverlust erstaunt das nicht.

Auf einem anderen Papier steht, dass genau in Phasen des dümpelnden Privatkonsums am meisten Geld auf die hohe Kante gelegt wird. Die Psychologie –  oder die schiere Angst? – verhindert offensichtlich ein antizyklisches Verhalten, welches die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer praktizieren könnte.

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse und zugewandte Orte lancierten dieser Tage einen „Aufruf“, um den Einheitssteuersatz bei der Mehrwertsteuer auf die Agenda zu bringen. Er manifestiert sich in einer Inseratekampagne. Die halbseitigen Inserate sind am Samstag in der „Neuen Zürcher Zeitung“ und „Le Matin“ und heute u.a. in der „Berner Zeitung“ und im „Bund“ erschienen (Bild).

Mit der Offensive soll weiter Druck auf die Reform der Mehrwertsteuer ausgeübt werden. Bundesrat und Parlament sollten „nicht auf halber Strecke“ stehen bleiben, heisst es in einer Medienmitteilung von economiesuisse. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: die WAK, die Kommission für Wirtschaft und Abgaben, nimmt sich in nächster Zeit erneut dem heiklen Thema Einheitssatz an. An ihrer gestrigen Sitzung wurde das Traktandum allerdings aus Zeitgründen verschoben.

Der Einheitssatz bei der Mehrwertsteuer soll auf 6,1% festgelegt werden. Zurzeit leisten wir uns noch drei verschiedene Sätze: 7,6%, 3,6% und 2,4% – zudem Hunderte von Ausnahmeregelungen.Wer sich im Dschungel dieser Ausnahmen einigermassen zurechtfinden will, braucht Zeit und Geduld.

Das Vorgehen von economiesuisse und Co. ist clever: Die Wirtschaftsverbände und Handelskammern – der Schweizerische Gewerbeverband ist nicht im Boot – stellen in ihrer Inseratekampagne die Kaufkraft in den Vordergrund und nicht die technisch-abstrakte Reform der Mehrwertsteuer. Das ist populär. Bloss: Bis die Reform umgesetzt werden kann, ist die rezessive Phase längst vorbei. Oder wir stecken bereits in der nächsten.

Foto: Mark Balsiger

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