Am Samstagnachmittag hat die SP Schweiz an ihrer Delegiertenversammlung in Winterthur ihr neues Logo vorgestellt. Eine halbe Stunde später fragte mich ein Radiojournalist, was ich vom neuen grafischen Auftritt halte. Ich durfte einer jener 20-sekündigen O-Töne, die zum Standard geworden sind, abliefern.
Normalerweise finde ich es eine Herausforderung, in 20 Sekunden alles hineinzupacken, was relevant ist.
Ich sagte dem Radiomann, dass ich es als durchaus positiv taxieren würde, wenn nebst der SVP, die sich seit 1992 als Neinsager-Partei positioniert hat, als Kontrapunkt die andere Polpartei eine positive Botschaft vermittelt würde. Und ich sagte ihm, dass trotz der steigenden Wichtigkeit von Symbolen in der Politik noch immer die Inhalte und deren professionelle Vermittlung entscheiden würden. Danach waren die 20 Sekunden um.
Mehr fiel mir zum neuen Logo der SP nicht ein. Das ist auch am Tag drei seit der Lancierung immer noch so. Aber vielleicht sollte man auch nicht zuviel in dieses Corporate Design hinein interpretieren. Wichtig für die Partei ist, dass es konsequent verwendet wird – bis hinunter in die Sektion Maiengrüen. Ob es sich bei der Umsetzung bewährt, wird der Alltag zeigen.
7 Comments on “Die SP sagt Ja”
Der „Tages-Anzeiger“ von heute bringt diese Geschichte:
Der neue «SP-Kanister» spaltet die Zürcher Genossen
Die SP will nächstes Jahr in den Gemeindewahlen ihr neues Logo benützen. Das «Ja-Sager-Signet» ist aber umstritten und wird schon als «Kanister» verspottet.
Von Stefan Hohler
Zürich. – Das am Samstag von der schweizerischen SP präsentierte neue Logo mit dem Slogan «ja» sorgt vor allem bei älteren Zürcher Genossen für rote Köpfe. «Bireweich» findet Hermann Strittmatter von der Werbeagentur GGK und langjähriges SP -Mitglied das neue Logo . Er war zusammen mit dem Grafiker und SP -Mitglied Raymond Naef während Jahren für die Wahlkämpfe in der Stadt mitverantwortlich. Naef stört sich daran, dass sein bisheriges Signet nicht zeitgemäss «renoviert», sondern durch einen «Kanister» ersetzt wurde. Denn mit seinem einfach gestalteten Signet habe die SP über Jahre hinweg einen unverkennbaren Auftritt gehabt.
Naefs Logo löste 1988 das in Form eines Stempeldrucks gestaltete SP -Zeichen des Grafikers und langjährigen Gemeinderates Bruno Kammerer ab. Dieser hatte 1968 für die städtische SP das von weissen Flächen durchbrochene Signet gestaltet. Sein Kommentar zum « SP -Kanister»: «Er kommuniziert nichts und erinnert mich an ein nicht identifizierbares Konsumgut.» Für Koni Loepfe, langjähriger Präsident der städtischen SP , ist das Signet Geschmackssache, worüber man geteilter Meinung sein könne. «Läppisch» findet er aber den Slogan «ja»: «Ein Logo ist ein Erkennungsmerkmal und soll nicht mit einer politischen Botschaft kombiniert werden.» Aus diesem Grund habe er nie akzeptiert, dass in der Stadtpartei beim bisherigen SP – Logo der Zusatz «Eine Stimme für Sie» angefügt wurde. Dieser sogenannte Claim (ein fest mit dem Markennamen verbundener Slogan) hatte jeweils die kantonale SP verwendet, bei der schweizerischen SP hiess der Claim «klar.sozial».
Einheitliches Erscheinungsbild
Die Ko-Präsidentin der städtischen SP , Beatrice Reimann, kann mit dem neuen Signet gut leben. Es sei modern und urban. Eine unverbindliche Umfrage in den Sektionen habe ein positives Echo ergeben, doch seien auch kritische Stimmen laut geworden. Gemäss Daniel Frei, Generalsekretär der kantonalen SP , ist geplant, dass für die kommenden Gemeindewahlen im Jahr 2010 alle Sektionen das neue Logo übernehmen. Es sei wichtig, dass die SP einheitlich auftrete. Er betont, dass mit dem neuen Signet auch die Romandie vertreten sei, welche bisher mit der Faust und der Rose einen eigenen Auftritt in der Öffentlichkeit gewählt habe.
Blog lesen bildet eben doch – zumindest beim Wahlkampfblog.
Würde der nämlich nicht zu meiner täglichen Lektüre zählen, wäre mir trotz täglich mehrfachem Konsultierens verschiedener online-Medien schlicht entgangen, dass die SP ein neues Logo hat.
M.a.W. entweder, ich habe dies tatsächlich überlesen oder aber, der Neuigkeitswert war derart immens, dass die Medienschaffenden vor Ehrfurcht nicht darüber zu berichten wagten.
Der Kanister wirkt tatsächlich komisch. Das Buchstabenkürzel, welches sich nicht an die Perspektive hält, lässt das Ganze wirr aussehen.
Ich komme nicht umhin, ein paar Leserbriefe zum Thema anzufügen – erneut aus dem „Tages-Anzeiger“ (Ausgabe vom 4. Juli 2009):
Logo ohne Logik. Ich will nicht zur inhaltlichen Aussage des neuen SP-Signets Stellung beziehen. Aber das neue Logo ist formal einfach falsch. Es ist deshalb nicht eine Frage des Geschmacks und weder modern noch urban.
Das übergrosse «ja» und das kofferähnliche Gebilde haben keine gestalterische Beziehung zueinander. Die rote dreidimensional angedeutete Form mit dem zweidimensionalen «SP» sind ebenfalls zwei verschiedene Formteile, welche nicht aufeinanderabgestimmt sind und schon gar nicht zum «ja» passen. Also, weniger wäre mehr!
RENE GAUCH, RÜMLANG
Schmürzelig und schwach. Bei der SP bahnt sich Unheil an: Wie will die Partei eine «Nein-Kampagne» gestalten, wenn von vornherein ein «ja» dasteht? Ein «schmürzeliges», schwaches «ja» zwar und daneben ein Kanisterli mit kaum mehr erkennbarem Absender (SP). Exgüse, das ist kein Logo , ich bin selber vom Fach. Und es ist ganz klar ein Irrtum: Es geht beim Logo nicht einfach um den (guten) Geschmack, es geht um visuelle Kommunikation, um Lesbarkeit sowie Verständlichkeit einer Botschaft. Ich bin überzeugt: Lange wird es dieses Logo nicht geben, denn «neu» heisst nicht einfach «besser».
REGULA SCHAFFER, ZÜRICH Visuelle Gestalterin HFG
Parolen und Paroli. Das ist kein Signet oder gar eine Marke. Das ist ein schlichter Grafikerfurz. Wie muss man sich das beispielsweise bei einer Anti-Atomkraftwerk-Kampagne der SP vorstellen? «N e i n. K e i n n e u e s A K W – j a S P.» Ja, bireweich.
JÖRG STEINER, ZÜRICH VR-Präsident NOSE Designe Intelligence
Ich bin jedenfalls gespannt auf die neue Politik bzw. die werberischen Auftritte der SP:
– Ja zu neuen Atomkraftwerken
– Ja zur Erhöhung des Rentenalters
– Ja zu neuen Kampfflugzeugen
– Ja zur Ausschaffungsinitiative
– ….
Wer nur „Ja“ sagen kann, ist ebenso einfältig, wie wer immer „Nein“ sagt. Ich freue mich schon auf die nächste Abstimmungskampagne:
„Umwandlungssatz senken? Nein! Ja! SP!“
Wenn das nur gut geht.
Die Sichtweise der Dinge kann grundlegend immer geändert werden und so gute Ideen gehören einfach in den Blog.
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